Ghostwriting myself as a politican

about:everything Integration, Steuergeld, die Werte der Aufklärung, Goethe, Hitler, Sprache und Leistung.


Goethe war ein Integrationsverweigerer, meine lieben Freunde.

Schaut mal, ich kann auch einen auf AFD machen, das verspreche ich euch. Für euch mach ich auch einen auf Donald Trump, okay? Ich verstehe euch, und das wird mir von so vielen Personen bestätigt. Es ist nicht ihre Schuld, dass sie mich dann üblicherweise beleidigen. Ich habe Verständnis dafür. Denn ich weiß, dass wir alle in großen Schwierigkeiten stecken. Und wer soll dafür aufkommen? Wer soll das alles bezahlen? Das sind wichtige Fragen, und ich verspreche euch, dass sie beantwortet werden. Ich nehme diese Ängste ernst, denn ich weiß, dass es teuer ist, eine Angststörung zu behandeln.

Bereits in der Grundschule hat man versucht, mir den Mund zu verbieten, als mir ein Junge mit einem Regenschirm ins Auge piekste. Ich habe mich nicht unterkriegen lassen und meine Augen nur noch weiter aufgemacht. Und das hat niemanden auch nur irgendwelche Steuergelder gekostet. Das war meine eigene Leistung, bereits in diesem Alter zu erkennen, dass meine Stimme nichts wert ist. Warum sollte mir jemand einfach ins Auge pieksen? Das ist doch irrational! Das ist doch Wahnsinn! Zum Beweis müsse ich erstmal Zeugen anführen. Und das habe ich getan. Ich sollte es danach nicht weiter aussprechen dürfen.

Mir wurde also bereits in der Grundschule klar, dass hier doch nicht alles mit rechten Dingen zugehen kann. Das ist doch nicht gerecht! Ich wurde dafür bestraft, dass ich gepiekst wurde, und das auch noch ausgesprochen hatte.

Ich habe dafür nicht erst Merkel wählen, und danach die Merkeldiktatur beklagen müssen, um zu verstehen, that something is rotten in the state of Germany. Hier ist etwas faul, und das ist es bereits gewesen, als die Menschen, die jetzt ihr Geld damit verdienen, alle möglichen Probleme auf andere zu schieben, während sie gleichzeitig die eigene Leistung predigen, noch damit beschäftigt waren, wichtige Personen in der Wirtschaft oder Industrie zu sein. Als Arbeiterkind habe ich hier noch nie etwas zu lachen gehabt. Wie kann man mir da vorwerfen, dass ich keinen Humor habe? Ihr kennt dieses Gefühl. Die Lage ist ernst.

Wir haben Probleme. Wir stecken in Schwierigkeiten, okay? Ich werde im Angesicht von Ungerechtigkeiten nicht zum Schaden aller Schweigen. "Was du nicht willst, das man dir tut, das füg' auch keinem anderen zu." Das hat mir bereits meine Mutter gesagt, als ich noch nicht wusste, dass es sich dabei um die kindgerechte Version von Kants Kategorischem Imperativ handelt. Das ist eine zentrale Idee, die mit den Werten der Aufklärung einhergeht, die wir hier schätzen und verteidigen.

Manche behaupten, gegen eine Krankheit der Denk- und Sprechverbote zu kämpfen. Denk- und Sprechverbote sind aber keine Produkte einer Krankheit. Sie sind Verbote - und damit Produkte der Gesellschaft, die sie hervorbringt. Asylorkan, Flüchtlingswelle - Deutschland ist kein Inselstaat, und das hier ist kein Planschbecken. Falsche Sinnbilder verschleiern die Realität und damit die zentralen Probleme, die wir adressieren müssen. Das hier ist ein Diskurs, den wir mit poetischen Metaphern füllen sollten, als wären die Diskurspartner nicht in der Lage, Inhalte ohne die Zuhilfenahme infantilisierender Eselsbrückenbildsprache zu verstehen. Das zentrale demokratische Recht ist aber nicht die Meinungsfreiheit. Um von dieser Gebrauch machen zu können, brauche ich zunächst eines: Menschenrechte.

Und solange ich über diese nicht verfüge, weil sich andere weigern, mir diese in gleichem Maße zuzugestehen, wie sie ihnen selbst zustehen, werde ich weiterhin gepiekst werden, und darüber schweigen müssen, weil man mir weiterhin den Mund verbieten wird, denn mein Wort wird weiterhin weniger wert sein, als das desjenigen, der über Menschenrechte verfügt, da über dessen Menschsein kein Zweifel besteht.

Und für diejenigen, über dessen Menschsein Zweifel besteht, ist jeder Raum ein Angstraum. Unsere Werte und Sitten, unsere Kultur, unser Land. Diejenigen, die sich nun plötzlich auf all diese Dinge berufen, haben bis jetzt ein System genossen, das es ihnen ermöglicht hat all diese Dinge positiv zu erleben, weil bis zu diesem Zeitpunkt nicht die Erfahrung gemacht haben, sich fremd zu fühlen. Gepiekst zu werden, und dafür verurteilt zu werden, dass man darüber spricht. Das, was diese Menschen bewahren wollen, hat es in dieser Form für uns andere nicht gegeben.

Leistung muss sich wieder lohnen! Wer kennt diese Phrase nicht. Aber wann hat sich Leistung je gelohnt? Ist Adel ein Produkt von Leistung? Ist die Familie, in die man geboren wird, ein Produkt der eigenen Leistung? Wir haben so und so viele Staatsschulden. Wessen Leistung ist das anzurechnen? Gäbe es diese Schulden nicht, wenn wir alle mehr geleistet hätten?

Ein Staat, der sich auf demokratische Rechte beruft, kann Menschensein nicht nach Leistung bemessen. Denn in der Menschheitsgeschichte hat es schon immer Menschen gegeben, deren Menschsein nie in Frage stand. Diese Menschen profitierten davon, dass sie über Rechte verfügten, die anderen nicht zugestanden wurden. Und diese Rechte waren nicht Produkte der eigenen Leistung, sondern der Ausbeutung und Unterdrückung derjenigen, denen man weniger Rechte zugestand.

Was haben all diejenigen geleistet, die die Leistung predigen, um uns vor der Krise zu bewahren? Vor den Problemen und Schwierigkeiten, die sie jetzt erst adressieren? Sie geben vor, zu wissen, was man jetzt brauche und nicht brauche. Alles soll anders werden, alles soll gleich bleiben. Unsere Werte und Sitten, unsere Kultur, unser Land - für diese Menschen waren all diese Dinge bis zu diesem Zeitpunkt positiv, denn sie haben von diesem System profitiert. Und das ist ihnen nicht übel zu nehmen. Das System hat sie begünstigt. Diese Begünstigung ist nicht Produkt ihrer eigenen Leistung.

Wir wissen alle, dass die Multikultigesellschaft an allem Schuld ist. Oder?

Im 18. Jahrhundert bestand das, was wir heute als "Deutschland" bezeichnen, aus 300 Einzelstaaten und 1500 Ritterständen. Zu Zeiten Goethes musste selbst dieser seine Werke noch von seiner hessischen Mundart in das Hochdeutsche übersetzen lassen. Als er von Hessen nach Leipzig übersiedelte, erlebte dieser seine Ess-, Trink- und Sprachkultur sowie seine Kleidung als alles andere als allgemein verständliche deutsche Kultur. Er berichtet von einem Sprachschock, an dem er mehrere Jahre litt. Er berichtet von Integrationsproblemen und dem Unwillen, sich komplett zu assimilieren. Goethe machte die Erfahrung, ein Fremder zu sein, und wie ein Fremder behandelt zu werden. Im eigenen Land. Denn dieses Land, ein Konstrukt aus ehemals 300 Einzelstaaten, war von jeher an multikulturell. Goethe war ein schwer integrierbarer Hesse mit zahlreichen psychosomatischen Beschwerden, der schließlich resigniert nach Frankfurt zurückkehrte. Selbst Goethe war kein Teil einer deutschen Leitkultur. (Bin ich schon integriert? Oder zu viel?: ein halbes Jahrhundert Deutsch ... von Reza Madjderey)

Eure Kinder werden es euch danken, wenn ihr ihnen nicht nur von Erfolgen erzählt. Und auch andere Kinder werden es euch danken, wenn ihr euren Kindern einen respektvollen Umgang miteinander lehrt, und ihnen nicht beibringt, andere Menschen daran zu messen, wie viel Leistung diese erbringen können, wie viel Geld diese erwirtschaften können; wie viel wert ihre Menschlichkeit im Vergleich zu der anderer Menschen ist. Eine Gesellschaft, die Menschlichkeit in Geldwerten misst, verwertet Menschen wie Waren. Auf dieser Grundlage lässt sich vielleicht ein Marktsystem errichten, das hier als Ideal einigen Menschen vorzuschweben scheint, aber kein Gesellschaftssystem. Ein solches System frisst seine eigenen Kinder.

"Du bist keine Bereicherung für diese Gesellschaft." Sind das Sätze, von denen ihr euch wünscht, dass man sie zu euren Kindern sagt? Sind Menschen, die soetwas zu jungen Menschen sagen, eine Bereicherung für diese Gesellschaft, die sie ökonomisch bereichert, und die sich selbst als eine Bereicherung sehen, wenn sie Menschen die Menschenrechten verweigert, mit denen sie selbst ausgestattet sind?

Merkel hat den Verstand verloren, dieses Land wird von Iditioten regiert, es ist eine Bananenrepublik. Sieht so die konstruktive Kritikfähigkeit aus, die ihr auch gerne bei euren Kindern sehen würdet? Möchtet ihr, dass eure Kinder andere Menschen als wahnsinnig und versifft beschimpfen, wenn diese die Meinung eurer Kinder mal nicht teilen? Wollt ihr die Volksentscheide derer, die euch auf Grund einer abweichenden Meinung eine psychische Krankheit unterstellen, die eine psychische Krankheit für ein Leistungsdefizit halten, mit dem man keine Bereicherung mehr für die Gesellschaft darstellt, in der man lebt? Würden diese Menschen Volksentscheide darüber halten, wie mit solchen Menschen umzugehen ist, die man für keine Bereicherung hält? Wie würden diese Volksentscheide aussehen?

Wer von dem Diktat politischer Korrektheit redet, tut das meist in der Rederhetorik der Wirtschaft. "Jeder, der noch ganz bei Sinnen ist, weiß, dass dies und jenes nicht funktionieren kann!" Aussagen ähnlicher Form hat vermutlich jeder schon einmal gehört. Populisten, Politiker und Wirtschaftsrederhetoriker wissen, dass es sich bei Argumenten dieser Form um eine rhetorische Taktik handelt, bei dem die Wahrheit einer Aussage behauptet wird, weil sie der öffentlichen Meinung entspreche, ohne überhaupt zu prüfen, ob die Mehrheit diese Meinung überhaupt vertritt, und selbst wenn die Mehrheit diese Meinung vertritt, wäre das kein Beweis für die Richtigkeit des Behaupteten. "Jeder weiß, dass die Erde eine Scheibe ist!" Nur leider hat sich dies bereits als Fehlschluss herausgestellt. Ähnlich beliebt sind sogenannte "Zurückführungen auf Hitler" (Reductio ad Hitlerum), die sich der negativen Verknüpfung der Person Hitlers bedienen, um einen Gegner oder eine bestimmte Person abzuwerten. "Grüner mit Hitler-Droge erwischt!", so lautete eine Schlagzeile der Bildzeitung, die auf Grund eben dieser "Zurückführungen auf Hitler" auf für entsprechendes Aufsehen sorgte. Ähnlich, nur auf Verunglimpfung einer Position abzielend funktioniert auch das Scheinargument "Auch Hitler war Tierschützer!". Seminare, in denen man diese Tricks lernt, lassen sich diejenigen, die sie anbieten, gut bezahlen, denn ihr Clientel in der Wirtschaft und in Unternehmen ist zahlreich. Diese Menschen wissen, wie man Scheinargumente als die Wahrheit verkauft, zu dessen Erkenntnis man angeblich durch ehrliche Analyse gekommen sei.

Sprachliche Tricks wie diese sind allerdings alles andere als ehrlich. Mit Hilfe dieser Tricks einer "Lügenpresse" Propaganda vorzuwerfen, derer man sich selbst nicht schuldig gemacht habe, ist verlogen und verkauft diejenigen, die an die objektive Berichterstattung glauben, die oft da behauptet wird, bewusst und mit voller Absicht für dumm. Konfrontiert mit dieser Aussage, werden sie "diesen Vorwurf zurückweisen" - Dabei führt das bloße Aussprechen dieses Satzes noch nicht dazu, dass der Vorwurf tatsächlich aus der Welt geräumt ist. Um einen Vorwurf oder eine Behauptung glaubwürdig zu widerlegen, ist es notwendig dazu auch beweiskräftige Argumente anzuführen. Anders verhält es sich beispielsweise bei einem Versprechen: Mit dem Aussprechen des Satzes "Das verspreche ich dir" ist bereits eine Handlung vollzogen, die auch eine Intention des Sprechenden mit sich bringt - das Versprechen ist damit gegeben.

Ich sage euch das, weil diejenigen, die diese Tricks beherrschen, versuchen könnten, alles als weltfremden Gutmenschenidealismus abzuwerten, was nicht über Gewalt, Steuern, Schulden und Geld redet - als seien das die einzigen gesellschaftlichen Regularien. Entweder für uns oder gegen uns! Entweder die oder wir! Mit uns oder gar nicht! - eine Anreihung falscher Dilemma, die nur zwei Möglichkeiten offen lassen. Das sind die richtigen Probleme! Das sind die Dinge, die uns Angst machen! Wer soll das alles bezahlen? Wie viel soll das alles noch kosten? Irgendwelche Zahlen, die sich in Geldwerten sowieso niemand mehr vorstellen kann, dessen monatliches Einkommen die vier Stellen nie überschreiten wird. Mir machen diese Zahlen keine Angst, weil ich sie mir nicht einmal vorstellen kann, und weil sich kein erkennbarer Bezug zu dem herstellen lässt, das ich tatsächlich bezahlen muss.

Ja, es gibt Armut in Deutschland. Davon sind auch viele Kinder betroffen. Ich war eines dieser Kinder, bin es noch immer, und die stetig unbeantwortete Frage, wer das alles bezahlen soll, hat mich noch nie weniger arm dastehen lassen. Diejenigen, die diese Frage nicht ständig unaufgefordert in den Raum werfen, sind diejenigen, die sich diese Frage sowieso schon Tag für Tag bis zur Ermüdung stellen müssen.

Ich fordere Klartext. Ich fordere Meinungsfreiheit. Ich fordere Inhalte statt bloßer Phrasendrescherei. Für unsere Zukunft! Für unsere Kinder! Gegen Parteien! Gegen Politiker! Für Menschen.

Und weil es hier um Menschen geht, müssen wir nicht nur über, sondern auch mit Menschen reden. In einer Sprache und mit Worten, die man sich auch für seine Kinder wünscht.